09.07.2013 Absicherung bei Bombenräumung

Gädheim, 8:02 Uhr: Die Feuerwehr Ottendorf wird alarmiert, um zusammen mit den Kameraden aus Gädheim, Greßhausen, Untertheres, Obertheres, Forst und Schonungen die Räumung einer Fliegerbombe in der Nähe von Gädheim abzusichern. Die Bombe wurde bei Grabungsarbeiten für die neuen Windkraftanlagen bei der Bundesstraße 303 entdeckt, die für die Dauer der Räumung vollgesperrt wurde.

Mehr zu dem Einsatz im nachfolgenden Artikel aus dem Haßfurter Tagblatt: http://www.hassfurter-tagblatt.de/lokales/aktuelles/art2824,56546

Kampfmittelbeseitiger entschärfen Fünf-Zentner-Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg

Ein Hubschrauber kreist in der Luft, Polizei und Feuerwehren sperren Straßen ab, unter anderem die B 303. Der Grund dafür lag fast 70 Jahre lang anderthalb Meter tief im Erdboden auf einem Acker: eine US-amerikanische Fliegerbombe des Typs GP 500 LBS, eine Altlast aus dem 2. Weltkrieg.

„GP“ steht hier für „General Purpose“, was so viel wie „Allzweck“ bedeutet. „500 lbs“ steht für 500 englische Pfund Gewicht. Der Blindgänger ist somit etwa 220 Kilogramm schwer. Er schlummerte jahrzehntelang im Erdreich, ehe ihn am Montagnachmittag gegen 15.30 Uhr eine Baggerschaufel bei Bauarbeiten für eine neue Windkraftanlage auf einer Anhöhe nördlich von Gädheim ans Tageslicht beförderte.

„Ich hab's selber gar nicht gemerkt“, sagt Baggerführer Rudolf Sahlmüller aus Donnersdorf zu seinem explosiven Fund. Sein Bauleiter habe den 63-Jährigen auf die ungewöhnliche Fracht in der Baggerschaufel aufmerksam gemacht. Seit 47 Jahren ist Sahlmüller Maschinenführer, die Fünf-Zentner-Bombe nicht sein erstes Erlebnis dieser Art. Ruhig bleiben, nichts anfassen und Polizei anrufen – für den Donnersdorfer war die Geschichte erledigt.

Dass nicht detonierte Fliegerbomben auch nach vielen Jahrzehnten im Erdreich nichts von ihrer tödlichen Sprengkraft verloren haben, zeigte sich erst vergangenen Sommer, als ein Blindgänger in Schwabing, mitten in München, kontrolliert gesprengt werden musste und dabei große Schäden an umliegenden Gebäuden anrichtete.

Nachdem ein Sprengmeister die Gädheimer Bombe noch am Montagabend begutachtet und keine konkrete Gefährdung festgestellt hat, entscheidet sich die Einsatzleitung zur Entschärfung am Dienstagvormittag. In einem Radius von 500 Metern um die Fundstelle sperren etliche Polizeistreifen und 40 bis 45 Mann der Feuerwehren Ottendorf, Gädheim, Unter-, Obertheres, Greßhausen, Forst und Schonungen kurz vor der „Operation“ die umliegenden Straßen, inklusive der B 303, die in nur knapp hundert Metern Entfernung an der Baustelle vorbeiführt. „Ein Schaulustiger wollte mit dem Quad zum Fundort fahren“, erzählt Haßfurts Polizeichef Kurt Förg, der den Einsatz zusammen mit Kreisbrandrat Ralf Dressel koordiniert, und schüttelt mit dem Kopf. Um solche Leute vor sich selbst zu schützen, kreist der Hubschrauber während der Entschärfung über Gädheim, zur Sicherheit sind auch die weiter im Osten stehenden Windräder abgeschaltet.

In der Baugrube sind derweil nur Michael Weiß und Tobias Oelsner an dem Blindgänger zugange. Für die Sprengmeister der Firma Tauber, die sich im Auftrag des Freistaats um die Kampfmittelbeseitigung in Bayern kümmert, ist ein solcher Fund nicht außergewöhnlich. „Aber Routine darf es bei uns trotzdem nicht geben“, sagt Michael Weiß. Jede Bombe hat ihre Eigenheiten, und dass die Ladung beim Abwurf nicht detoniert ist, bedeutet keinesfalls, dass sie viele Jahre später bei der Entschärfung nicht noch explodieren kann.

Nach gut 20 Minuten ist die Prozedur beendet. Michael Weiß hat den mechanischen Aufschlagzünder – in diesem Fall ein „vorgespannter M 112“ – deinstalliert. Polizei und Feuerwehr heben die Straßensperren auf. Die Sprengmeister verladen die Bombe in ihren VW-Bus. „Man gewöhnt sich dran, mit einer Bombe im Gepäckraum herumzufahren“, sagt Tobias Oelsner, während er den entschärften Blindgänger mit dicken Spanngurten sichert. Die Reise führt in eine Firma, in der die Bombe per ferngesteuerter Säge zerlegt werden wird. Übrig bleiben um die 110 Kilogramm Sprengstoff, der vernichtet wird, und etwa die gleiche Menge an Altmetall. Wo sich diese Firma befindet, will Oelsner nicht verraten: „Es laufen so viele Verrückte rum...“

Der Fund bei Gädheim ist der vierte dieser Art in diesem Jahr für das Sprengmeisterduo aus Feucht, das für den nordbayerischen Raum bis hinunter zur Donau zuständig ist. 30 bis 50 Tonnen an Kampfmitteln, von Gewehrmunition bis zur Zehn-Zentner-Bombe, machen die insgesamt neun Kampfmittelbeseitiger, die in Bayern täglich unterwegs sind, pro Jahr unschädlich.

Warum die GP 500 LBS, die vermutlich bei einem Angriff auf die Industriestadt Schweinfurt abgeworfen wurde, auf einem Acker landete und nicht explodierte, das lässt sich heute nicht mehr feststellen. Auf der Anhöhe habe während des Krieges eine Flakstellung gestanden, wissen die alten Gädheimer. „Fliegerbomben müssen zum Eigenschutz des Flugzeugs aus einer gewissen Höhe abgeworfen werden, damit sie explodieren. Wenn die Flughöhe nicht ausreicht, passiert nichts“, erklärt Oelsner, der es für möglich hält, dass der Bomber sehr tief über die Flugabwehr hinwegflog, um nicht getroffen zu werden, als er seine tödliche Fracht abwarf. Vielleicht war das Flugzeug auch beschädigt, musste notlanden und deshalb seine Bomben möglichst schnell loswerden. Vielleicht explodierte die Bombe auch deshalb nicht wie erwartet, weil der Erdboden zu weich war. „Das sind natürlich alles Spekulationen, aber eines ist klar: Wo eine Bombe gefunden wird, kann es gut sein, dass noch mehr liegen“, spricht Oelsner aus Erfahrung.

Die bauausführende Firma tut deswegen gut daran, die Fläche, auf der die drei neuen Windkraftanlagen errichtet werden, zunächst einmal nach weiteren unliebsamen Überraschungen abzusuchen, ehe die Bauarbeiten weitergehen. Gut möglich, dass die beiden Sprengmeister in den nächsten Wochen noch einmal auf den Äckern oberhalb von Gädheim ihr Geschick im Umgang mit explosiven Altlasten unter Beweis stellen müssen.
Markus Erhard/Haßfurter Tagblatt

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